Medienkompetenz in der Schule – ein verständliches Modell

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Die Aussage einer Kollegin hat mich nachdenklich gemacht:

Es ist mir wichtig, den Computer als Unterstützung zu brauchen und nicht um des Computers Willen.

Die Grenze zwischen pädagogischem Nutzen und Selbstzweck ist tatsächlich schwierig zu finden. In einer Liste der EU für Kompetenzprogression (schon wieder ein tolles neues Wort;) wird der Enthusiast kurz nach dem Anfänger genannt. Danach kommen noch die Stufen Profi, Experte und Pionier. Den Unterschied zwischen Enthusiast und Pionier zu erklären braucht wohl einen Doktortitel.

Beurteilung der Digitalen Kompetenz Lehrender.png
Schlüsselbegriffe der Kompetenzprogression –European Commission

Es bringt die Problematik aber auf den Punk. Trotzdem haben wir mit dem neuen Lehrplan einen Auftrag bekommen. Ob wir digitale Kompetenzen vermitteln ist keine Diskussion mehr, sondern nur noch wie. Wir sollten uns nicht um die Frage kümmern, ob die Schüler am Computer schreiben sollen, sondern nur noch wie oft in der Woche.

Ein verständliches Modell

Der Lehrmittelverlag Zürich erarbeitet derzeit das neue Lehrmittel «Connected» für das Fach Medien und Informatik. Grundlage bildet das Dagstuhl-Dreieck.

Es (das Dagstuhl Dreieck) wurde 2016 bei einer Tagung in Deutschland von Expertinnen und Experten aus der Informatik und ihrer Didaktik, der Medienpädagogik, der Wirtschaft und der Schulpraxis entwickelt.
-Lehrmittelverlag Zürich

Das Dagstuhl -Dreieck

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Quelle: Lehrmittelverlag Zürich

Das Dreieck erklärt sehr schön die verschiedenen Perspektiven auf die digitale Welt. Ein Erklärvideo:

Semifragebogen

A propos Medienkompetenz:

Mit der Einführung des Lehrplans 21 in den Kantonen der deutschsprachigen Schweiz wird auch der Modullehrplan «Medien und Informatik» in Kraft gesetzt. Seine Umsetzung stellt neue Anforderungen an die Volksschullehrpersonen aller Stufen. Die “Selbstevaluation Medien und Informatik” (SE:MI) hilft Lehrpersonen, die eigenen Fähigkeiten kriteriengeleitet einzuschätzen. semifragebogen.ch 

Lehrpersonen werden ihn wohl bereits kennen. Allen andern empfehle ich den Test selbst auszuprobieren. Es gibt wohl wenig Berufe, in denen so viel Medienkompetenz gefordert wird!

Die Fragen sind aufgeteilt in die Bereiche Anwendung, Medien und Informatik. Ein paar Kostproben (Draufklicken macht’s grösser):

Zugegeben, keine Lehrperson muss das alles können. Trotzdem soll gemäss neuem Lehrplan all dies vermittelt werden. Das ist zwar sehr fortschrittlich, aber auch sehr ambitiös. Nicht nur bezüglich IT Infrastruktur an den Schulen muss sich da noch einiges tun.

Fazit

Das Dagstuhl-Dreieck zeigt trotz furchtbarem Namen sehr anschaulich, was unter Medienpädagogik zu verstehen ist. Ich bin gespannt auf das neue Lehrmittel, wir können einiges an Hilfe brauchen um den Lehrplan 21 zu erfüllen!

2 Kommentare

  1. Das Problem, das im Zitat „Es ist mir wichtig, den Computer als Unterstützung zu brauchen und nicht um des Computers Willen“ zum Ausdruck kommt, scheint mir davon zu kommen, dass versucht wird „die digitale Welt“ mit konventionellen Unterrichtsmethoden zu „vermitteln“. Das kommt auch 1:1 in den Kompetenzen die Lehrpersonen haben sollen zum Ausdruck (Fotos oben).

    Dabei bietet „die digitale Welt“, die neuen Medien und auch diese Kompetenzbeschreibungen doch den Steilpass für selbstorganisiertes Lernen. Man müsste diese „Ich kann…“ Beschreibungen nur auf die Lernenden umformulieren und Sie dann mal frei ihre Handys und das Internet nutzen lassen um sich eben diese Kompetenzen selber anzueignen. Das Internet ist doch voll mit Informationen genau zu diesen Fragen/Themen. Vielleicht könnten SIe auch kreative Lernprodukte erstellen und diese auf einem Bazar vorstellen. Vielleicht könnten Sie das sogar kooperativ tun. Vielleicht müsste man diese Produkte nicht mal bewerten, sondern könnte sie einfach in einem ePortfolio sammeln. Dort könnten die Lernenden dann auch gleich noch ihren Lernprozess reflektieren.
    Vielleicht müsste die Lehrperson gar nicht über all diese Kompetenzen verfügen, sie könnte sich aber mit den Lernenden auf den Weg machen, sie zu erwerben. Dabei könnten die Lernenden dann mit ihr gefundene Ressourcen austauschen. Vielleicht könnte man dazu sogar ein neues Medium nutzen 🙂 . Vielleicht könnten sich Lernende auch gegenseitig (und der Lehrperson) helfen diese Kompetenzen zu erwerben.
    Was die Lehrperson dazu braucht sind v.a. überfachliche Kompetenzen in der Lernbegleitung/Lerncoaching und die Bereitschaft selber zu lernen.

    Fazit: Ich schlage den pädagogischen Doppeldecker vor: Die neuen Medien nutzen um sich mit den neuen Medien auseinander zu setzen.

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    1. Ich gebe dir durchaus recht und bin auch ein Befürworter des SOL. An der Volksschule ist SOL noch nicht sehr verbreitet. Dennoch gilt der Auftrag, Medienkompetenz gemäss dem methodenunabhängigen Lehrplan zu vermitteln. Für echtes selbstorganisiertes Lernen müssen auch die Strukturen angepasst werden. Der fixe und unflexible Stundenplan, die Noten und Zeugnisse, die Anforderungen von Anschlusslösungen (Stellwerk, Multicheck, Eignungsabklärungen, Gymi, BMS, usw.) sind alles Hindernisse für einen kompetenzorientierten und selbstverantwortlichen Lernprozess. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen müssen Schulen ihren gemeinsamen Weg finden. Und solange dieser Weg nicht beim SOL angekommen ist, werden wir Medienkompetenz mit „konventionellen Unterrichtsmethoden“ vermitteln müssen. Dies aber stärkt das Selbstvertrauen der Lehrpersonen im Umgang mit digitalen Medien und baut Ängste und Vorurteile ab.

      „Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.“

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