Die Schule von morgen – lernen statt lehren

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Vor wenigen Tagen fand der erste Kongress Beatenberg statt. Nebst dem tollen Programm mit top Referentinnen und Referenten war es vor allem eine anregende Atmosphäre mit 260 Gleichgesinnten. Es wurde geredet, diskutiert und vor allem gelernt. Das ist nichts Digitales, doch es geht um die Essenz der Schule. Deshalb erlaube ich mir diesen Ausflug in die Welt der Soziologie und Neurowissenschaften, die sehr viele Probleme erklären und Lösungsansätze bieten können.

Tanz der Generationen

Das für mich spannendste Referat hielt Frau Dr. Miriam Engelhardt mit einer soziologischen Sicht auf die Schule: „Wie tickt die Jugend heute?“. Sie hat ganz wunderbar die drei aktuellen Generationen dargestellt: die Baby Boomer, die Gerneration X und die Generation Y (viele Quellen nennen auch die Generation Z ab 2000. Frau Engelhardt sieht dafür noch nicht genügend gesellschaftliche Veränderungen).  Ihre aktuelle Präsentation ist noch nicht online, aber (und hier haben wir doch etwas Digitales: das Internet vergisst nie und Google findet alles) glücklicherweise gibt es bereits eine frühere Version der Präsentation von Frau Engelhardt im Netz.

Die Quintessenz: Ganz viele Probleme zwischen Schülern und Lehrern, Kindern und Eltern entstehen nur durch unterschiedliche Erfahrungen und Bilder. Ich habe das versucht in einer Infografik zusammenzufassen:

Generationen in der Schule

Wenn sich nun die Generationen der Baby Boomer und die Generation X von den Jungen ein Verhalten nach den eigenen Werten erwarten, folgen zwangsläufig Enttäuschungen: „Du musst halt einfach“ führt nicht zur Motivation und zu befriedigenden Resultaten. „Du darfst frei wählen“ ist nicht immer eine Erleichterung, in den Millionen von Wahlmöglichkeiten brauchen die Jugendlichen Rat und Entscheidungshilfen. „Es ist nicht prüfungsrelevant, aber du kannst diese Grundlage für später wirklich brauchen“ kann dazu führen, dass die Jugendlichen es einfach sein lassen.

Aber bieten wir klare Ziele, Sinn, Teamwork und vor allem unsere Beziehung, dann dürfen wir auch von dieser Generation Leistungen erwarten.

Was meint die Neurowissenschaft dazu?

Aus der Perspektive des Gehirns schaut sich Prof. Dr. Joachim Bauer das Lernen an. Diese Erkenntnisse passen wunderbar zur Generation Y. Unser Hirn möchte durch die richtigen Hormone für seine Arbeit belohnt werden. Dies nennt man Motivation. Gefördert wird die Motivation sehr stark durch menschliche Beziehungen, durch gehört werden, durch Wahlmöglichkeit und Mitbestimmung. Die Verweigerung führt hingegen zu Scham, die sehr häufig durch Aggression kompensiert wird.

„Das klingt jetzt aber sehr nach Kuschelpädagogik, hört doch endlich auf die Jungen zu verwöhnen“. Wem diese oder ähnliche Gedanken gerade durch den Kopf schiessen, sollte sich fragen: Bin ich ein Baby Boomer?

Verwöhnen darf keinesfalls mit „gesehen werden“ verwechselt werden. Zu einer Beziehung gehören seitens der Erwachsenen auch Konsequenz und Hartnäckigkeit. Vor allem aber Präsenz. Körpersprache und Mimik sollen zeigen: Ich bin hier, ich sehe dich.

Lernen 4.0

Prof. Dr. Rolf Arnold bringt es für mich auf den Punkt: Wir müssen „Die Anforderungen der Welt sehen wie sie sind, nicht wie wir sie erlebt haben“. Unsere Kinder brauchen Kompetenzen und vor allem brauchen sie die Fähigkeit, sich Kompetenzen anzueignen. Wissen ist dabei nicht obsolet, sondern zentral:

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für Wissen und Qualifikationen müssen wir
– Zugänge gestalten
– Selbstlernen fördern und fordern
– Ownership stärken

zum Erleben von Emotionen braucht es
– Anwendung üben
– Lernen in / an Situationen
– Reflexionen anstossen

„Man kann Bildung nicht erzwingen.“

Ich persönlich hoffe sehr, dass Schulen lernen die Welt zu sehen wie sie ist und nicht, wie sie sie gerne hätten. Wenn ausgewiesene Wissenschaftler erforschen, wie Jugendliche denken und lernen, haben wir die Möglichkeit dieses Wissen zu nutzen und alle gemeinsam auf eine moderne und zeitgemässe Schule hinzuarbeiten.

Sandro Müller vom Institut Beatenberg zeigt es am Bild eines Eisbergs: WIE (man lern) ist entscheidend, nicht WAS (man lernt).

Iceberg

Fazit

Viele unserer Schulen haben bereits, was es braucht: Eine gute Beziehung zu den Schülern. Leider konzentrieren wir uns noch zu sehr auf das Was und glauben, dass Prüfungen uns zeigen, wie gut wir die Jungend auf das Leben vorbereiten. Akzeptieren wir die Fakten und konzentrieren wir uns mehr auf das Wie um die Jugend auf eine unbekannte Zukunft vorzubereiten. Viele Schulen sind bereits unterwegs, ich hoffe der Rest wird ihnen folgen.

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