In der Arbeitswelt ist es das ungeschlagene Kommunikationsmittel Nummer 1: E-Mail. Ob Fluch oder Segen- die Bedeutung von E-Mail lässt sich nicht wegdiskutieren. In der Sekundarschule bereiten wir die Schülerinnen und Schüler unter anderem auf die Berufswelt vor. Für mich ein guter Grund, das Thema E-Mail in den Unterricht einzubauen. Hier berichte ich über die erstaunlichen Erfahrungen, die ich gemacht habe.
E-Mail im neuen Lehrplan
Es versteht sich wohl von selbst, dass ein Kommunikationsmittel wie E-Mail im neuen Lehrplan 21 einen entsprechenden Stellenwert einnimmt. Also ab in den Lehrplan und suchen nach E-Mail. Die Suche nach „Mail“ (E-Mail hat ein böses „-“ drin und liefert 0 Suchresultate) führt zu 22 Resultaten. Das Thema ist hauptsächlich den Sprachfächern zugeordnet, doch auch im Bereich Medien und Informatik wird man fündig:
Es macht also nicht bloss Sinn, sondern ist unser Auftrag unseren Schülerinnen und Schülern den Umgang mit E-Mail beizubringen (obwohl ich mir einen prominenteren Platz im Lehrplan gewünscht hätte).
Was wissen Schüler über E-Mail
In meiner 2. Sek A war E-Mail flächendeckend bereits bekannt, die ganze Klasse verfügt über eine eigene E-Mail Adresse. Das Thema kann wohl also schnell abgehakt werden. Leider habe ich mich da geirrt. Die Jugendlichen verwenden E-Mail nie! Wozu auch? Schliesslich haben sie Whatsapp, Snapchat, Instagram + Co. Von den technischen Grundlagen und Möglichkeiten wussten sie kaum etwas. Und hier kam die erste Überraschung: Die Schülerinnen und Schüler fanden noch kein Thema in meinem Unterricht so langweilig wie E-Mail. Ich vermute zu technisch, zu langsam, zu sehr für Alte.
Das Allerwichtigste
Die technischen Grundlagen waren schnell geklärt. Doch das grösste Problem hat sich erst später gezeigt: Die Jungendlichen können nicht mit E-Mails umgehen! Die meisten sehen ihre E-Mails nicht oder brechen in Panik aus, wenn ihr Posteingang voller und voller wird. Ich erachte es als wichtig, ihnen dies bereits in der Schule beizubringen, denn leider sieht man es häufig später auch bei jungen Erwachsenen: Sie können es nicht plötzlich ganz von selbst!
Eine Posteingang-Strategie
E-Mail funktioniert grundlegend anders, als Whatsapp, Facebook und Instagram. Darin funktioniert die Kommunikation schnell und spontan. Auf Nachrichten wird sofort reagiert oder sie werden vergessen. Waren sie ein paar Stunden nicht online, versuchen sie gar nicht, die hundert verpassten Nachrichten zu lesen.
E-Mails funktionieren mehr wie die Briefpost, als wie mündliche Kommunikation. Alle E-Mails müssen gelesen werden und irgendwie sollte man in seiner Mailflut die Übersicht behalten. Es lohnt sich also über Möglichkeiten zu diskutieren, wie man seinen Posteingang möglichst leer halten kann.
Tipps für den Unterricht
99% aller Jugendlichen verfügen über ein Smartphone oder zu Hause über einen Computer mit Internet-Zugang. Der Zugang zu den E-Mails ist in den meisten Fällen geregelt. Bei wem das nicht so ist, muss endlich etwas gegen die Chancenungleichheit seiner Schüler unternehmen und Geräte (natürlich Chromebooks😉 ) anschaffen!
Wer noch keine E-Mail-Adresse hat, soll eine anlegen. Spätestens bei der Lehrstellensuche braucht man heute eine. Idealerweise verwenden die Schulen G Suite oder Office 365 und können den Schülerinnen und Schülern eine E-Mail-Adresse für den Schulgebrauch zuteilen.
Im Unterricht können wir Lehrpersonen Übungsgrundlagen für den Umgang mit E-Mail schaffen (wir haben ja auch in keinem anderen Fach die Erwartung, dass sie ohne Übung gleich alles können). Ich habe mit folgenden Massnahmen gute Erfahrungen gemacht.
Den Umgang mit E-Mails üben
- Mit der Klasse eine Regel vereinbaren, bis wann E-Mails gelesen werden
Bei uns ist das „nach zwei ganzen Schultagen“. Ein E-Mail vom Freitag müssen sie also erst am Mittwoch beantworten. - E-Mail regelmässig als Kommunikationsmittel einsetzen
Im normalen Unterrichtsbetrieb ist E-Mail nicht notwendig. Schliesslich sieht man seine Schüler täglich im Klassenzimmer. Man muss also „künstliche“ Einsatzzwecke suchen (Links, Tipps zu Prüfungen, Informationen zu Aufträgen, usw.). Ganz automatisch geschieht das mit dem Einsatz einer Classroom Software (z.B. Google Classroom), die E-Mails für neue Aufgaben und Informationen schickt. - Digitale Aufgaben per E-Mail einfordern
Möchte man Medienkompetenz vermitteln, so sind digitale Aufgabenformate unerlässlich. Diese dann auszudrucken macht nicht viel Sinn, eine Abgabe per E-Mail dafür umso mehr. - Regelmässige Test-E-Mails
Etwa einmal im Monat verschicke ich an die Klasse eine Testnachricht, auf die sie antworten müssen. Kommt eine Antwort nicht oder zu spät behandle ich das als Versäumnis. - Aufräumen vor den Sommerferien
Vor grossen Ferien lassen die meisten Lehrpersonen die Pulte aufräumen. Genau so würde ich mit dem Posteingang der Schüler umgehen. Ich lasse mir jeweils den aufgeräumten Posteingang zeigen. - E-Mail-Adressen-Check vor der Lehrstellensuche
In der zweiten Sek würde ich die Überprüfung der privaten E-Mail-Adresse der Jugendlichen sehr empfehlen. So lassen sich Absender wie Blümchen16 oder Hotboy69 noch vor der Bewerbung korrigieren. - Textart E-Mail im Deutschunterricht
Was ist ein Betreff? Wie baut man eine E-Mail auf? Was ist ein Footer? Wann braucht es eine Anrede? Genau so wie andere Textarten bietet es sich an, dies ausführlich im Deutschunterricht zu behandeln und zu üben. Und bei den Bewerbungen würde ich das Begleitmail genauso einfordern wie den Lebenslauf.
Fazit
Es macht absolut Sinn, den Jugendlichen die Grundlagen und den Umgang der wichtigsten Kommunikationsform der Erwachsenen beizubringen. Es braucht aber auch viel Geduld und Hartnäckigkeit von uns Lehrpersonen. Ich bin überzeugt, dass es sich lohnt!
Den Schülern muss man das Schreiben von EMails wirklich erst beibringen ( heutzutage brauchen sie es um sich zu bewerben …..) Ich habe schon die witzigsten Mails erhalten. Kurzes Beispiel: einmal stand die komplette Mail (war eine etwas längere Frage) im Betreff oder die Mails werden geschrieben wie eine WhatsApp Nachricht: is morgen Ausfall? Ohne eine Anrede und eine kurzes Mit besten Grüßen oder so 🤔
LikeLike