Die Schule soll Medienkompetenz vermitteln, darin sind sich alle einig. Die Herangehensweise an diese Anforderung ist so unterschiedlich, wie Schulen es sind. Vom Word-Kurs unter dem Namen „Informatik“ bis zu komplett durchdigitalisierten Unterrichtsunterlagen ist alles vorhanden.
Inhalt oder Infrastruktur? Huhn oder Ei?
„Zuerst brauchen wir ein pädagogisches Medienkonzept, danach beurteilen wir, welche Infrastruktur wir für dessen Umsetzung benötigen.“ Das klingt plausibel. Ich halte dies in den meisten Fällen für einen grossen und unnötigen Umweg. Wollen wir Medienkompetenz vermitteln, so führt nichts an einer 1:1-Abdeckung vorbei: Jeder Schüler hat sein eigenes Gerät. Computerräume und Klassensätze von iPads und Laptops mögen eine kurzfristige und anscheinend günstige Alternative sein, doch wer dies schon einmal im Einsatz erlebt hat, weiss: Es ist keine befriedigende Lösung.
Und zu den Medienkonzepten: Meistens werden diese zu zahnlosen Papiertigern. Sie werden entweder von digitalen Enthusiasten erstellt oder von Teams mit einer Grundskepsis gegenüber digitalen Medien. Die Durchsetzung wird häufig ungenügend eingefordert, und es bleibt beim Status Quo: Einige Lehrpersonen setzen digitale Medien im Unterricht ein, viele eher weniger.
Ich bin davon überzeugt: Der Appetit kommt mit dem Essen. Verfügen die Lernenden über ein eigenes Gerät, kann dieses so flexibel und einfach auch nur für kurze Sequenzen eingesetzt werden, dass dies von allen Lehrpersonen automatisch gemacht wird. Das ist dann der richtige Zeitpunkt, um ein pädagogisches Konzept auszuarbeiten.
Die Kosten
Sparen müssen unterdessen fast alle Schulen und Gemeinden. Die Kosten sind ganz klar ein bedeutender Faktor bei der Entscheidung von digitaler Infrastruktur. Eine vereinfachte Beispielrechnung für 10 Klassen à 22 Schüler, Arbeitszeit und Lizenzkosten nicht mitgerechnet:
2 Klassensätze iPads mit Tastatur | 44 x 500 | 22’000 |
2 iPad-Koffer | 3’000 | |
1 Klassensatz Laptops | 22 x 1’500 | 33’000 |
1 Laptopwagen | 3’000 | |
1 Computerraum | 22 x 1’500 | 33’000 |
1 Server | 4’000 | |
Total | 98’000 |
Die Alternative: Chromebooks
Chromebooks werden heute mit grossem Fokus auf den Bildungsbereich entwickelt. Es handelt sich dabei um kleine, preiswerte Notebooks, auf denen das Betriebssystem Chrome OS läuft. Dieses besteht weitgehend nur aus dem Browser Chrome, der auch auf Mac und Windows installiert werden kann. Diese Geräte sind leicht zu bedienen und zu administrieren. Die Software-Grundlage bildet G Suite for Education. Google stellt für Schulen ein ganzes Softwarepaket kostenlos zur Verfügung. Dieses beinhaltet mit Google Drive einen endlosen Cloud-Speicher (für Schulen ist tatsächlich unbeschränkt Speicher kostenlos), eine persönliche E-Mail-Adresse und Online-Alternativen zu allen Office-Produkten.
Ein Blick auf die Kosten:
Chromebooks für SuS | 220×350 |
77’000 |
Chromebookgestell pro Klassenzimmer | 10×500 |
5’000 |
Total |
82’000 |
Natürlich sind diese beiden Kostenbeispiele stark vereinfacht. Macht man eine ehrliche Vollkostenrechnung, schneidet die Chromebook-Lösung gar noch besser ab. Ich lade jeden Informatikverantworlichen herzlich ein den Vergleich zu machen! Wir sind an unserer Schule sogar soweit gegangen, den internen Server und sämtliche Schüleraccounts abzuschaffen. Wir haben unterdessen für (fast) jede Software eine Online-Alternative gefunden. Der noch vorhandene Computerraum ist dadurch fast vollständig verwaist, und wenn er dann doch einmal gebraucht wird, sitzen lustigerweise viele Lernende mit ihrem Chromebook vor dem iMac.
Ein paar Vorteile von Chromebooks
- Für tragbare Kosten bekommt jeder Lernende sein eigenes Gerät.
- Die Standardsoftware ermöglicht unkompliziertes Teilen von Dateien und uneingeschränkte Zusammenarbeit, direkt in den Dokumenten.
- Die Lernenden bekommen eine eigene E-Mail-Adresse, welche sie uneingeschränkt und ohne Verknüpfung zur persönlichen Identität im Internet einsetzen können (dies stellt gegenüber der Nutzung des privaten Accounts eine deutliche Verbesserung des Personenschutzes dar).
- Über Software von Drittanbietern hat man die vollständige Kontrolle über die von den Lernenden aufgerufenen Seiten. Selbst unabhängig vom Schulnetzwerk (also auch zu Hause bei den Lernenden) gelten die festgelegten Filter der Schule. Wir setzen dafür GoGuardian ein:
Nicht unerwähnt bleiben soll der für viele grösste Nachteil: Ohne G Suite von Google lassen sich die Chromebooks nicht verwenden. Von vielen Juristen wird davon mit der Begründung abgeraten, dass der Gerichtsstand bei vertraglichen Vereinbarungen nicht in der Schweiz liegt. Ich möchte auf diesen Punkt ein andermal genauer eingehen. Wir vermitteln unseren Lernenden, dass keine persönlichen Daten auf den Chromebooks bearbeitet werden sollen. Die Lehrpersonen speichern keine vertrauliche Personendaten oder Noten in der Cloud.
Chromebook Flip – das bessere Tablet
Flip bedeutet, dass es sich um einen „herkömmlichen“ Laptop handelt, bei welchem sich der Bildschirm ganz nach hinten klappen lässt. Das Gerät verwandelt sich dadurch quasi in ein Tablet. Die neueste Generation Chromebooks ist voll auf dieses Konzept ausgerichtet. Darauf lassen sich auch sämtliche Android-Apps installieren und ausführen.
Medienkompetenz
Für mich bedeutet Medienkompetenz nicht eine Sammlung von tollen eLearning-Tools. Die Lernenden sollen lernen, digitale Medien gewinnbringend im Unterricht einzusetzen: nicht als Ersatz der Handschrift, sondern als Ergänzung. Chromebooks und G Suite von Google sind ein hervorragender und vor allem bezahlbarer Weg dies zu erreichen. Mit einem Budget von weniger als CHF 150.- pro Jahr und Schüler lässt sich damit langfristig eine gute 1:1 Infrastruktur betreiben. Die Hürden für den Einsatz im Unterricht werden dadurch so niedrig, dass die Lehrpersonen gerne und oft zu den digitalen Werkzeugen greifen lassen.
Fazit
Chromebooks sind ein ausgezeichneter Weg, eine flächendeckende und doch bezahlbare Abdeckung an digitalen Geräten im Schulzimmer zu erreichen. Wir haben an unserer Schule bisher ausschliesslich positive Erfahrungen gemacht. Auch die Lehrpersonen schätzen nun den einfachen und unkomplizierten Einsatz im Unterricht. Ich kann Chromebooks für Schulen ausnahmslos empfehlen!
Ich bin ebenfalls der Meinung, dass Chromebooks – von der UGseability und der Administrierbarkeit her – tolle Geräte sind. Ferner ist Google Documents das beste Tool, wenn es um Online-Zusammenarbeit geht.
Dennoch bin ich der Meinung, dass man die „kostenlosen“ Angebote von Google im Unterricht nicht nutzen sollte.
Man muss sich klar machen, dass Google alles, was dort geschrieben wird, automatisiert „liest“ und auswertet.
Siehe z.B. hier: https://www.silicon.co.uk/software/office-suites/google-docs-problem-privacy-concerns-224139
Google ist führend bei machine learning und KI. Wenn ein ausreichender Prozentsatz von Schulen Google Documents einsetzt, dann hat Google einen besseren Einblick in Schule und das Denken junger Leute als der Staat (und als jeder Andere). In Amerika hat Google den Bildungsmarkt schon fest im Griff. Sollte es einer Firma erlaubt sein, mehr über die Bürger eines Staates zu wissen als der Staat? Google ist jetzt schon mächtiger als viele Regierungen. Wer kontrolliert Google?
Wir haben ähnliche Geräte wie Chromebooks, aber mit Linux drauf. Die funktionieren auch sehr zuverlässig (etwas mehr Arbeit als mit Chromebooks hat man damit allerdings schon). Wir haben die komplette Kontrolle über unsere Daten.
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Danke für deinen Kommentar, der hat mir sehr geholfen! Es ist zwar schon eine Weile her, dass du geschrieben hast, aber würdest du mir trotzdem schreiben, welche Geräte (ähnlich zu Chromebooks) ihr verwendet? Bist du immer noch überzeugt von eurem Linuxbasierten System?
Ich frage, weil bei uns an der Schule die Frage ansteht, welches Endgerät wir von den Eltern anschaffen lassen. Viele Stimmen sprechen sich für eine IPad-Lösung aus, die ich allerdings für sehr teuer halte. Außerdem habe ich persönlich mehr Sympathien für open source-Produkte.
Danke!
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Hallo,
das ist jetzt der totale Zufall, dass ich hier gerade mal wieder reinschaue.
Wir haben Acer Travelmate B117 verwendet, die haben damals 300€/Stück gekostet. Als System hatte ich zunächst eine eigene INstallation zusammengestellt, im zweiten Lernjahr sind wir dann aber auf den Lernstick umgestiegen. Der Lernstick bietet eine super Software-Zusammenstellung für den Bildungsbereich (und lässt sich, anders als der Name vermuten lässt, auch fest auf dem Rechner installieren).
In der Schweiz ist der Lernstick ja sehr bekannt, vielleicht hast Du auch schon mal davon gehört.
Ich würde heute versuchen, ein ähnlich stabiles Gerät zu bekommen, das aber auch einen Touchscreen hat, da man dann mit digitalen Schulbüchern viel besser arbeiten kann.
Wenn die Schüler etwas älter sind, würde ich die einfach irgend ein Windows-Noteobok mitbringen lassen (viele haben ja schon eines, oder ein abgelegtes von den Eltern) und dann davon den Lernstick starten.
IPads sind unschlagbar gut, wenn man viel mit der Kamera arbeiten möchte (Fotos machen, Filme drehen). Das geht mit Notebooks und Convertibles erst mal schlechter.
Also, ich sage mal so: Wenn man über die Technik an sich auch was lernen will, keinen reinen Schwerpunkt auf Multimedia hat, sondern eher auch mal Texte schreiben will und eine richtige Tastatur braucht, dann halte ich Linux-Notebooks immer noch für super. Wenn die Geräte aber nur 300€ kosten, dann merkt man das schon, dass das keine Spitzentechnik ist. Ich selbst habe mittlerweile ein Lenovo Yoga, das macht schon mehr Spaß also so ein 300€-Teil (und ja, da läuft ebenfalls nur Linux drauf).
Gruß, Andreas
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